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Das 12. Gebot: Du sollst nie etwas verschenken, das Du auch verkaufen kannst (Teil 3)

Der stationäre und der Online-Handel sind so verschieden nicht: Hier wie dort geht es um Frequenz und Conversion. Frequenz ist teuer: Mieten auf der Maximilianstraße genau wie Kosten für hippe Influencer. Conversion dagegen ist Handwerk mit demselben Ziel: Den Shop soll der Kunde mit einer vollen Tüte, die Website mit einem vollen Warenkorb verlassen. Und wiederkommen. Wenn die Herausforderungen also gleich sind, kann der Online-Handel von den ziemlich langjährigen Erfahrungen des stationären Handels profitieren. In diesem Blog soll daher versucht werden, ein paar dieser Erfahrungen für den Online-Handel nutzbar zu machen. Vor allem für Neueinsteiger, aber vielleicht sind auch ein paar Ideen für altgediente Onliner dabei.

 

Mit diesem dritten Teil soll das Thema Preisdifferenzierung dann auch abgeschlossen werden. Es lohnt sich aber, auf diesem Thema herumzureiten, weil viele Leute von Produktdifferenzierung träumen, die es normalerweise gar nicht gibt (alles ist irgendwie austauschbar, würde sonst Edeka alle Nestle-Produkte wochenlang auslisten?). Es gibt – von ein paar Ausnahmefällen einmal abgesehen - immer irgendwo im Netz vergleichbare Produkte und dann geht es schlicht um harten Kostenwettbewerb, dem man wenigstens ein Stück weit ausweichen kann, durch – genau – Techniken der Preisdifferenzierung.

 

Weiter geht’s:

  • Informationen über den Kunden: Der ideale Fall ist, dass für jeden Kunden ein spezielles Angebot ausgeworfen wird, das exakt seiner (vermuteten) Zahlungsbereitschaft entspricht. Diese Informationen liegt u.U. schon vor, weil er nicht zum ersten Mal kauft, sich längere Zeit auf der Website aufhält oder die Seite mehrfach besucht (Re-Targeting). Man kann das Thema aber auch ganz simpel dadurch adressieren, dass man die besagten Ermäßigungen für Kinder oder Senioren anbietet: Das passiert nicht aus Menschenfreundlichkeit, sondern weil man annimmt, dass die Zahlungsbereitschaft bei Erwachsenen mittleren Alters höher ist als bei Jungen und Alten bzw. dass die Familie erst gar nicht essen geht, wenn der Bon insgesamt zu groß wird. Man kann aber u.U. auch einen pfiffigen Fragebogen vorschalten, Extra-Seiten für Jugendliche schalten, Rabatt-Codes im ADAC-Magazin ausspielen, um ähnlich zu differenzieren, wie es der stationäre Verkäufer schon aufgrund äußerer Merkmale kann: Kommt der Kunde im Blaumann rein, ist er vielleicht ein selbständiger Handwerker...
  • Cross-Selling/Bundling: Die Marge liegt u.U. nicht im Haupt-/Erstprodukt. Wenn man es geschickt anstellt, kann man auch über Cross-Selling mit einem Zweitprodukt die Marge machen, die beim Erstprodukt vielleicht schon weg-konkurriert ist. Verdienen die Kinos an den Eintrittskarten oder an Popcorn und Cola? Verdient McDonald mehr an den Hamburgern oder am Merchandising, das BurgerKing nicht hat? Verdient die Reisebranche an der Reise oder der Reiserücktrittsversicherung? Der Vorteil des guten stationären Verkäufers ist die Interaktion, die zum Cross-Selling geradezu einlädt. Online lässt sich dieser Vorteil am besten durch in Echtzeit eingespielte Videos u.ä. nachahmen, die das Cross-Selling ebenso normal erscheinen lassen, z.B. als Einspielung passender Krawatten, sofort wenn der Anzug im Warenkorb liegt.
  • Unvergleichbarkeit: Bewusst erst ganz zum Schluss der Königsweg. Das unvergleichbare Produkt. Es soll nicht ganz verschwiegen werden, dass man sich dem normalen Wettbewerb entziehen kann, indem man ein (nahezu) unvergleichbares Produkt handelt. Das ist die Kategorie Louis Vuitton, Rolex oder limitierte vergriffene Sneakers. Dann braucht man sich in keine Niederungen z.B. der zeitlichen Preisdifferenzierung zu begeben (die Rolex kostet morgens das gleiche wie abends). Nur sprechen wir hier von Lotto-Gewinnen, denn an solche Produkte kommt ein normaler Händler nur schwer heran. Es wird kein Zufall sein, dass die großen Marken sehr restriktive Vertriebsstrategien verfolgen, weil sie erst gar nicht anfangen müssen/wollen, durch niedrige Preise Menge zu machen, um von da aus dann wieder Preisdifferenzierung nach oben betreiben zu müssen. Man kann als Online-Händler aber auch davon etwas lernen. Vor allem ausgewählte Nischen zu besetzen: Spezielle Ernährung, versandkostenintensive/kühlungsbedürftige Produkte, die man regional vertreibt u.ä. Normalerweise handelt es sich um hochmargige Produkte, die Kosten und Gewinnerwartungen auch bei kleinen Nachfragemengen decken. Diese Produkte geraten nicht so leicht in den Blick großer Spieler, die durch Größenvorteile Kosten und Preise in den Keller treiben. Dann kann und sollte man immer noch Preisdifferenzierung betreiben, aber man tut es dann auf einem anderen Niveau.

Fazit: Preisdifferenzierung wird ziemlich unterschätzt, ist aber ganz oft der Schlüssel zum Erfolg. Man macht Marge und hat auch bei auskömmlichen Preisen zufriedene Kunden.

Ein „Aber“ darf aber auch nicht unterschlagen werden. Die Komplexität einer Preis-Differenzierungsstrategie nach dem Motto: Jeder Kunde bekommt einen anderen Preis ist nicht zu unterschätzen. Das merkt man spätestens dann, wenn der Kunde zurückkommt und umtauschen will, reklamiert oder sonstwas und man nicht mehr weiß, welchen Preis man ihm denn nun tatsächlich berechnet hat. Also besser im vorhinein checken, ob die IT mit der Preisstrategie auch mitkommt.

 

Auch erschienen bei: https://blog.afterbuy.de/allgemein/preisdifferenzierung-teil-3/

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